Was ist ein transgenerationales Trauma und wie hilft eine Familienaufstellung?

Vieles, was uns belastet, lässt sich nicht immer nur aus unserer individuellen Geschichte heraus erklären und widersetzt sich üblichen Lösungsansätzen. Unbewusste Verbindungen zu Familienmitgliedern - auch aus vorherigen Generationen - und deren Schicksale beeinflussen häufig, ohne dass wir es ahnen, unser Fühlen, Denken, Handeln und somit auch unsere Beziehungen. Alle nicht verarbeiteten Ereignisse, schicksalhafte Einschnitte und nicht-gelebtes Leben in der Familie, wie z.B. früher Tod, schwere Kriegserlebnisse, Krankheiten, Trennungen, Heimatverlust, ausgeschlossene Familienmitglieder usw. können dazu führen, dass wir stellvertretend traumatische Gefühle, Krankheiten, Unfälle und Handlungsmuster für Personen aus unserem Familiensystem unbewusst übernehmen und wiederholen.

Beim Familienstellen geht es um das Sichtbarmachen von unseren Beziehungen. Mit Hilfe von Stellvertretern (im Einzelsetting mit sog. Bodenankern) haben wir die Möglichkeit, das in der Tiefe wirkende „Seelenbild“ unseres Familiensystems (Herkunftsfamilie und Gegenwartsfamilie) für die einzelnen Mitglieder abzubilden. Das Bewusstwerden biographischer Zusammenhänge hilft, einen erweiterten Blick auf unser Leben zu bekommen!

Der Ablauf in der Gruppe

Eine Gruppe von ca. 12 Personen sitzt in einem Kreis zusammen. Der Klient/die Klientin, die aufstellt, erläutert sein/ihr Anliegen und mit Unterstützung der Aufstellungsleitung stellt er/sie sein System mit Mitgliedern der Gruppe in den Raum.

Positioniert in den Raum - und das ist das noch unerklärbare Phänomen - spüren die StellvertreterInnen ganz genau die Gefühle der Personen, die sie repräsentieren. Es kommen die Dynamiken ans Licht, die unser Leben und unsere Beziehungen unbewusst mitgestalten und zum Teil schicksalhaft beeinflussen. Bleiben die aufgestellten Personen absichtslos und im Gespür für den gegenwärtigen Moment, werden sie erfasst von einer tiefen inneren Bewegung, in der sich vergessene, verdrängte, konflikthafte Ereignisse des aufgestellten Familiensystems auszudrücken und zu lösen versuchen.

Die Lösung im Einklang

Es entsteht ein äußerer als auch innerer Prozess, der uns ein lösendes Bild für unsere Fragestellung aufzeigt. Die in dem Familiensystem nicht verarbeiteten Ereignisse und vorhandenen Blockaden, auch ungelöste und nicht gelebte Gefühle finden ihren Ausdruck und können schließlich zu einer heilsamen Auflösung kommen. Auch Krankheitssymptome können sich zurückziehen.

Unsere Beziehungen können wieder eine positive Ausrichtung bekommen und wir finden neue Wege, neue Ressourcen und Antworten auf Fragen in allen Lebensbereichen.  Der erweiterte Blick auf das „große Ganze“ gibt uns Kraft, selbstbestimmt in unser Leben zu gehen.

In der Aufstellungsarbeit folgen der Therapeut und die Menschen, die aufstellen, einer sich zeigenden größeren Kraft, die seinsübergreifende Lösungen für die eingebrachten Fragen aufzeigt. Hier geht das Familienstellen über die Psychotherapie hinaus und berührt philosophische und spirituelle Dimensionen des Mensch-Seins.

 

Aufstellungen in Einzelsitzung
Aufstellungen können auch in Einzelsitzungen ohne weitere Personen durchgeführt werden. Hierzu benötigt man ca. 1 1/2 bis 2 Stunden, inklusive Vor- und Nachgespräch. Bei der Einzelaufstellung werden anstatt Stellvertreter z.B. Blätter mit den Namen der Personen auf den Boden ausgelegt und im Raum verteilt. Dann stellt sich der Klient/die Klientin auf die jeweiligen Positionen und erlebt so die Jetzt-Situation auf neue und umfassende Weise. Innere Bilder werden sichtbar, es kann eine Lösung erarbeitet und mit allen Sinnen emotional und kognitiv erlebt werden.  

Voraussetzungen
Jeder kann Aufstellungen für sich nutzen. Sie brauchen keine Kenntnisse über Familienstellen oder besondere Fähigkeiten, um eine Aufstellung zu machen. Hilfreich ist es, wenn Sie sich mit Ihrer Herkunfts-Familie beschäftigen, indem Sie z.B. Verwandte nach besonderen Familienvorkommnissen befragen – es ist aber nicht unbedingt notwendig. 

Die systemische Aufstellungsarbeit geht über die persönliche Geschichte hinaus und betrachtet den Menschen generationsübergreifend, eingebunden in sein (familiäres) Bezugssystem. Die Aufstellungsarbeit ist eine Kurzzeittherapie. 

System- und Familienaufstellungen sind ein wesentlicher Teil der Systemischen Therapie, die seit 2008 als anerkanntes Psychotherapieverfahren anerkannt ist. Die Methode ersetzt keinen Besuch beim Heilpraktiker oder Arzt, sondern versteht sich als ergänzendes Angebot.